Melanie Michel — Heilpädagogin

melanie.michel@med.uni-muenchen.de

Heilpädagogik auf der Kinderpalliativstation

Auf der Kinderpalliativstation stehen die erkrankten Kinder und Jugendlichen sowie deren Familien im Mittelpunkt der Arbeit. Die Kinder werden bestmöglich medizinisch behandelt und gepflegt, doch neben den notwendigen Therapien ist es uns besonders wichtig den Blick auch auf die „Schätze“ der Kinder, auf ihre Fähigkeiten, Stärken und vor allem ihre Persönlichkeiten zu richten. Diese besonderen „Schätze“ zu fördern ist das besondere Anliegen der heilpädagogischen Arbeit. Ziel und Aufgabe der Heilpädagogin ist es, die jungen Patienten in ihrer jeweiligen Vielfältigkeit wahrzunehmen und jedem Kind, trotz aller krankheitsbedingten Einschränkungen, glückliche Momente durch die Teilhabe am Leben zu schenken. Dafür gilt es gemeinsam mit den Eltern genau hinzuschauen. Wie kommuniziert das Kind? Was gefällt ihm? Was tut ihm gut? Ziele wie Selbstwahrnehmung, Erleben von Selbstwirksamkeit und Beziehung sind dabei wichtige Aspekte. In den Alltag übertragen bedeutet dies, dem Kind durch ein gezieltes Angebot zu ermöglichen den eigenen Körper und die Umwelt zu spüren: sei es mit Hilfe von verschiedenen Sinnesmaterialien, Fingerfarben oder auch ganz alltagsnah während eines Spaziergangs oder im Sommer durch Wasserspiele auf dem Balkon. Oftmals geht es auch darum, einfach mal Kind zu sein, ganz losgelöst von der Krankheit und Therapien.    

Ebenso spielen natürlich die Familien eine wichtige Rolle im Alltag auf Station. Nicht selten sind sowohl Eltern als auch Geschwister als Begleitung mit auf der Station und die Kinderpalliativstation wird für die ganze Familie zu einem Zuhause auf Zeit. Jeden Donnerstag zieht ein Kuchenduft über die Flure der Station und sorgt dabei für ein „Zuhause-Gefühl“. Es ist klar: Zeit für den Cafétreff! Wöchentlich werden hier mit der Unterstützung einer Mama, eines Papas, eines erkrankten Kindes oder eines Geschwisterkindes alle anderen verwöhnt. Ob Fußballkuchen, Kuchenpartys mit Gluten freien Spezialitäten oder Kuchen nach Spezialrezepten der Mamas und Papas- der Genuss ist groß. An manchen Tagen lockt aber auch der Duft nach anderen Köstlichkeiten — die Pizza eines italienischen Vaters oder ein leckerer Couscous Salat — in das schöne Wohnzimmer des Kinderpalliativzentrums. Wenn dann das „Essen ist fertig“ über den Flur hallt, kommen die Familien und das Team zum Essen am großen Wohnzimmertisch zusammen. Die Köstlichkeiten aus verschiedenen Kulturen werden dann zusammen am großen Esstisch verputzt.

Im gemeinsamen Tun mit der Heilpädagogin wird die Zeit in der Küche für den »Bäcker« oder »Koch« oft Anlass für tiefgründige Gespräche oder auch Gelegenheit um abzuschalten und sich für kurze Zeit von den Sorgen und Ängsten um das kranke Kind zu lösen: Wieder etwas Alltägliches zu tun, den Kopf frei bekommen und Leben spüren. Außerdem bietet der wöchentliche Cafétreff die Gelegenheit die anderen Familien und auch das Team besser kennen zu lernen. Erfahrungen, Sorgen und Freuden werden geteilt und immer wieder entstehen sogar Freundschaften. Trauer und Freude sind auf der Kinderpalliativstation ganz nah beieinander. Gemeinsam werden Ängste und Sorgen, aber auch Freude und Momente voller Heiterkeit geteilt. Dazu zählen beispielsweise das gemeinsame Feiern von Nikolaus, Weihnachten, oder traditioneller Feiern anderer Kulturen sowie Geburtstage. Die Heilpädagogin hat dann die Freude, das gemeinsam mit den Eltern und Geschwistern, und wenn möglich auch den erkrankten Kindern zu gestalten.

Für Geschwisterkinder finden zudem regelmäßig Geschwistertreffen statt. Hier lernen sich die Brüder und Schwestern von erkrankten Kindern kennen. Sie erleben andere Kinder, die auch einen schwer kranken Bruder oder Schwester haben, und spüren, dass sie mit Ihren Freuden und Sorgen nicht alleine sind. Zusammen mit den Psychologinnen und anderen Mitarbeitern des psychosozialen Teams gestalte die Heilpädagogin diese Treffen. Neben dem Austausch mit den anderen Kindern beim gemeinsamen Basteln oder Gestalten stehen hierbei die Mitarbeiter für jedes einzelne Kind als Gesprächspartner bereit. Natürlich kommt dabei auch die Ausgelassenheit nicht zu kurz. Beispielsweise bei wilden Wasserspielen, die zusätzlich die Möglichkeit bieten »Dampf« abzulassen. Oftmals geht es kreativ zu. So entstanden aus Krankenhausmaterial wie Isolationskittel und Mundschutz modische Kreationen, die schon mit riesigem Spaß bei einer Modenschau präsentiert wurden — eine wunderbare Möglichkeit für die Kinder, die Scheu vor den grünen Kitteln zu verlieren. Kleine Holzkistchen wurden als Schatztruhen gestaltet oder mit einem Ultraschallbild ein Gefühlsbarometer erstellt — kleine Kunstwerke, auf die die Kinder stolz sind.

Bei den Geschwistertreffen lernen die Kinder das Team noch besser kennen und erleben dabei die Station und das Zentrum auch als schönen Ort. Dadurch kann Vertrauen entstehen und Berührungsängste der Geschwister gegenüber der Medizin und dem Klinikalltag können abgebaut werden.

Melanie Michel

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